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03. Juni 2025

Neue Realitäten erfordern starken Zoll


Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ sieht in der Zolljahresbilanz 2024 erneut den Beleg für die zentrale Bedeutung des Zolls als tragende Säule der deutschen Sicherheitsarchitektur. Angesichts zahlreicher Krisen bleibt der Zoll laut BDZ-Bundesvorsitzendem Thomas Liebel die „erste Verteidigungslinie“ gegen Finanzkriminalität und internationale Schmuggelnetzwerke. Doch diese Schutzfunktion gerät zunehmend unter Druck, weil auch in der Zollabfertigung exorbitante Steigerungen der Einfuhren zu verzeichnen sind.

Am 3. Juni 2025 haben Bundesfinanzminister Lars Klingbeil mit dem Präsidenten der Generalzolldirektion, Dr. Armin Rolfink, die bundesweite Bilanz des Zolls 2024 vorgestellt. Die Statistik ist hier veröffentlicht.

Globale Herausforderungen wie Handelskonflikte, der rasante Anstieg des E-Commerce, komplexe Sanktionsdurchsetzungen, verschärfte Grenzkontrollen und immer professioneller agierende kriminelle Netzwerke erhöhen die Anforderungen an den Zoll erheblich. „Der Zoll ist der Schutzwall, der Staatseinnahmen sichert, die Wirtschaft vor kriminellen Einflüssen schützt und die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet“, betont Liebel. „Doch trotz wachsender Aufgaben wird der Zoll durch anhaltende Sparmaßnahmen geschwächt. Die eigentlichen Helden dieser Erfolgsbilanz sind daher unsere Kolleginnen und Kollegen. Aber die prekäre Situation ist nicht länger tragbar.“

Um den Zoll zukunftsfähig zu machen, fordert die Gewerkschaft eine massive Beschleunigung der Digitalisierung und eine bessere Ausstattung. Konkret schlägt der BDZ eine „Sicherheitsmilliarde“ vor, um Rückstände bei der Digitalisierung aufzuholen und dem Zoll moderne Arbeitsmittel bereitzustellen. Ein Positionspapier des BDZ listet die notwendigen Investitionen und Maßnahmen für eine gezielte Stärkung der Behörde auf.

Liebel fordert zudem die Vereinfachung, Digitalisierung und Automatisierung zahlreicher Zollprozesse, insbesondere bei der Warenabfertigung:

„Wirtschaftsvertreter an Flughäfen und Seehäfen fragen uns inzwischen, ob der Zoll noch in der digitalen Steinzeit lebt. Viele unserer Kolleginnen und Kollegen, die immer noch Papierformulare abtippen, empfinden das genauso. Die Wirtschaft leidet unter Bürokratie und Nullwachstum, während unsere Beschäftigten an den Schnittstellen des internationalen Handels mit veralteten Prozessen kämpfen. Das können wir uns nicht länger leisten. Unsere hochmotivierten IT-Experten würden gerne mehr digitalisieren, doch es fehlt an Geld und Ressourcen.“

Die Modernisierung des Zolls müsse jedoch weit über technische Neuerungen hinausgehen, so Liebel. Pläne wie das Projekt „Zoll 2030“, das noch unter Ex-Finanzminister Lindner initiiert wurde, kämen seit dem Regierungswechsel nur schleppend voran. Entscheidend seien der Erhalt und die Stärkung der Zollbehörden vor Ort, gezielte Förderung und Weiterbildung des Personals sowie ein konsequenter Bürokratieabbau.

„Wenn es darauf ankommt – etwa beim Aufspüren illegaler Zigarettenfabriken, Drogenlabore oder krimineller Online-Shops – braucht es Zöllnerinnen und Zöllner, die vor Ort präsent und handlungsfähig sind“, unterstreicht Liebel.

Die Krisen der vergangenen Jahre – von gestörten Lieferketten bis hin zu immer dreisterer Organisierter Kriminalität – hätten gezeigt, dass eine starke Präsenz des Zolls in der Fläche unverzichtbar ist. „Strategiekonzepte aus Berlin helfen wenig, wenn es vor Ort an Personal und Ausstattung fehlt“, so Liebel abschließend.

Ein Weckruf der Zahlen: Sicherheit neu definiert

Die vorgestellten Zahlen der Zolljahresbilanz 2024 belegen die Entwicklungen, auf die der BDZ lange hinweist. Einmal mehr hat der Zoll seine Schlagkraft unter Beweis gestellt und ist erneut Spitzenreiter bei der Anzahl der geführten Verfahren gegen die Organisierte Kriminalität unter allen deutschen Sicherheitsbehörden - eine beachtliche Leistung, über die wir bereits berichtet hatten. Dies unterstreicht die unverzichtbare Rolle des Zolls im Kampf gegen die schwerste Kriminalität. Nun müssen die Statistiken endlich als klarer Handlungsauftrag verstanden werden.

Keine falschen Rückschlüsse sollten aus dem Rückgang der Kokainsicherstellungen, der in der Jahresbilanz zu sehen ist, gezogen werden. Die Statistik der Sicherstellungen allein ist nicht aussagekräftig. Hohe Zahlen in den Vorjahren gingen oft primär auf singuläre Großfunde zurück. Die Realität zeigt, dass der Drogenschmuggel, insbesondere von Kokain, weiterhin boomt, da der Markt und die Nachfrage massiv wachsen. „Die Kriminellen passen sich ständig an. Eine sinkende Sicherstellungszahl bedeutet nicht, dass der Schmuggel abnimmt – im Gegenteil, es kann ein Hinweis darauf sein, dass wir als Zollbehörde noch bessere, auf intelligente Analyse gestützte Strategien benötigen, um die Warenströme zu kontrollieren“, so BDZ-Chef Thomas Liebel. Aktuell sehe man, dass die hohe Nachfrage leider bedient werde, und das erfordere eine noch intensivere und treffsicherere Kontrolltätigkeit, argumentiert Liebel.

Das augenscheinlichste Beispiel für die rasant wachsenden Anforderungen ist die Verdopplung der Einfuhren auf beeindruckende 345 Millionen Zollabfertigungen im Jahr 2024. Da beim Wert der abgefertigten Waren kein Anstieg, sondern sogar ein Rückgang zu verzeichnen ist, dürfte es sich bei der überwältigenden Mehrheit um Pakete aus China handeln. Insbesondere im Post- und Kurierverkehr hat sich die Zahl der Zollabfertigungen im Vergleich zum Vorjahr laut GZD-Präsident Dr. Rolfink vervierfacht (von 56 auf 235 Mio. Zollabfertigungen). Dies ist nicht überraschend, wie der BDZ beispielsweise im Rahmen des Dienststellenbesuchs am Zollamt Frankfurt am Main Flughafen im Februar berichtet hatte.

Der explosionsartige Anstieg des E-Commerce, gepaart mit einem geänderten Verbraucherverhalten hin zu Online-Bestellungen aus Drittstaaten, schafft neue Angriffsflächen, auch für kriminelle Gruppierungen. Nicht nur klassische Schmuggelrouten, auch das Darknet und diverse illegale Online-Marktplätze werden systematisch genutzt, um gefälschte Waren, unverzollte Produkte oder Drogen zu vertreiben. „Der E-Commerce mag ein Segen für die Verbraucher sein, aber wird zum Fluch für die Kontrollbehörden, wenn wir nicht mit der Geschwindigkeit und Komplexität mithalten können. Diese Entwicklung zeigt überdeutlich, dass der Zoll dringend in seine Fähigkeiten investieren muss, um die enormen Paketmengen überhaupt bewältigen und zielgerichtet prüfen zu können“, mahnt Liebel. Handelsverbände würden immer lauter Zollkontrollen fordern, doch ohne eine grundlegende Modernisierung der Zoll-IT und eine intelligente Automatisierung sind noch treffsicherere und effizientere Kontrollen nur schwer leistbar. Eine bloße Erhöhung der Kontrolldichte führe bei veralteten Systemen lediglich zu noch größeren Staus und Frustration, sagt Zollgewerkschafter Liebel.

Bundesfinanzminister Klingbeil: Zoll ist Eckpfeiler der Sicherheitsarchitektur

Die Appelle des Ministers, sich handelspolitisch breiter aufzustellen und Freihandelsabkommen voranzutreiben – wie jüngst im Koalitionsausschuss beschlossen – dürfen die notwendigen Voraussetzungen nicht außer Acht lassen. Solche Initiativen setzen einen leistungsfähigen, konsequent modernisierten und personell gut aufgestellten Zoll voraus. „Wir begrüßen ausdrücklich die Anerkennung des Ministers, dass der Zoll einen entscheidenden Beitrag zur Sicherheit Deutschlands und Europas leistet, auch in der Sanktionsdurchsetzung und der maritimen Sicherheit. Das muss aber auch bedeuten, dass wir uns pauschale Stelleneinsparungen in der gesamten Zollverwaltung nicht leisten können. Gerade wenn härter gegen Finanzkriminalität vorgegangen werden soll, sind alle Bereiche sicherheitsrelevant und müssen gestärkt statt geschwächt werden“, so Liebel. Denn nur ein agiler Zoll kann die komplexen Regeln neuer Abkommen effizient umsetzen und gleichzeitig die Kontrollen gewährleisten, die zur Abwehr illegaler Waren und zur Sicherung der Einnahmen unabdingbar sind. Ein unterfinanzierter und bürokratisch ausgebremster Zoll ist keine Unterstützung, sondern ein Hemmschuh für eine offene und zugleich sichere Wirtschaft.

Ursprünglich veröffentlicht unter https://www.bdz.eu

Quelle: BDZ / 3.6.2025
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