News & Aktuelles
31. März 2025
Union und SPD einigen sich auf Sicherheitsoffensive

Die Arbeitsgruppe Innen (AG 1) von CDU/CSU und SPD hat sich auf weitreichende Maßnahmen zur Stärkung der inneren Sicherheit verständigt, während die Arbeitsgruppe Finanzen (AG 16) den „follow-the-money“-Ansatz in der Geldwäschebekämpfung voranbringen will. Parallel dazu schlägt die AG zum Bürokratieabbau (AG 9) entscheidende Reformen für die Verwaltung vor – darunter auch eine Reform des Laufbahnrechts, dessen starre Fortkommensmöglichkeiten nach den Vorstellungen des BDZ flexibler ausgestaltet werden müssen.
Die Arbeitsgruppe „Innen, Recht, Migration und Integration“ von CDU/CSU und SPD hat sich auf weitreichende Maßnahmen zur Stärkung der inneren Sicherheit verständigt. Wie das Fachportal Legal Tribune Online (LTO) in einer Analyse berichtet, setzen die Parteien auf eine Mischung aus verschärften Ermittlungsbefugnissen, modernisierter Technik und konsequenterer Vermögensabschöpfung.
Laut den Verhandlungsdokumenten, die vom Portal FragdenStaat veröffentlicht wurden, soll das Bundeskriminalamt (BKA) gestärkt werden, insbesondere im Kampf gegen Cyberkriminalität und Spionage. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wird zur zentralen Anlaufstelle für Cybersicherheit ausgebaut – ein Schritt, der bereits als beschlossen gilt. Die Bundespolizei soll zudem ein modernisiertes Gesetz erhalten. Umstritten bleibt hingegen die Überwachung verschlüsselter elektronischer Kommunikation, die nur von der Union gefordert wird. Konsens besteht darin, den Sicherheitsbehörden weitere Befugnisse bei der automatisierten Datenrecherche und -analyse einzuräumen. Insbesondere der Datenaustausch unter den Sicherheitsbehörden (u.a. P20, Verbundspeicherung) sowie mit den zivilen Behörden soll grundlegend verbessert werden.
Finanzkriminalität: Neuer Anlauf beim „Follow-the-money“-Ansatz
Ebenfalls zur abschließenden Diskussion steht die vollständige Beweislastumkehr beim Einziehen von Vermögen unklarer Herkunft im strafrechtlichen Bereich (AG 1). Verdächtige innerhalb der Organisierten Kriminalität müssen dann künftig die legale Herkunft ihres Besitzes nachweisen. Ebenfalls soll ein administratives, verfassungskonformes Vermögensermittlungsverfahren mit dem Ziel geschaffen werden, verdächtige Vermögensgegenstände von erheblichem Wert, bei denen Zweifel an einem legalen Erwerb nicht ausgeräumt werden können, sicherzustellen (AG 16). Dies greift die BDZ-Forderung nach präventiver Vermögensabschöpfung nach italienischem Vorbild auf -denn das Strafrecht allein hat sich als nicht wirkungsvoll genug erwiesen. Nach Auffassung des BDZ sollten die eingezogenen Gelder auch direkt in die Ausstattung der Sicherheitsbehörden fließen – ein entscheidender Punkt, um den „technologischen Vorsprung der Kriminellen“ zu bremsen.
„Diese Pläne bestätigen, was wir seit Jahren fordern: Der Zoll muss endlich die Werkzeuge bekommen, um kriminelle Netzwerke wirksam zu bekämpfen“, sagt BDZ-Vorsitzender Thomas Liebel. „Jetzt kommt es darauf an, dass die Koalitionäre ihre Ankündigungen nicht wieder in Kommissionen zerreden und sich über neue Behörden streiten, sondern die Maßnahmen zügig umsetzen“.
Die Arbeitsgruppe „Finanzen“ (AG 16) sieht vor, die Kompetenzen des Bundes im Bereich der Finanzkriminalität zu bündeln. Ebenfalls soll die Zusammenarbeit mit europäischen Behörden wie der neuen Anti-Geldwäsche-Behörde (AMLA) intensiviert werden. Zu diesen Plänen hatte der BDZ ein an die politischen Parteien gerichtetes Positionspapier zur inneren Sicherheit vorgelegt, das konkrete Vorschläge für einen schlagkräftigeren Zoll im Kampf gegen Geldwäsche enthält. Der BDZ unterstützt die Bündelung vollzugspolizeilicher Aufgaben und Ermittlungsdienste im Interesse einer schlagkräftigeren Ausrichtung innerhalb der Zollverwaltung, in Anlehnung an die Maßnahmen des bereits laufenden Projekts „Zoll 2030“.
Bisher kein Bekenntnis zur Stärkung des Zolls
Während die geplanten Maßnahmen zur Bekämpfung der Finanzkriminalität und die gesondert erwähnte Stärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) begrüßenswert sind, bleibt die allgemeine Stärkung des Zolls bislang in den Arbeitspapieren unberücksichtigt. Dies vernachlässigt aus Sicht des BDZ die entscheidende Rolle des Zolls als Einnahmeverwaltung, der fast die Hälfte der Einnahmen des Bundes sichert. Auch für die Gewährleistung der Sicherheit ist es entscheidend, dass der Zoll nicht nur im Vollzugsbereich gestärkt wird. Denn durch die kontinuierliche Risikoanalyse der eingehenden Waren sowie Prüfungen im Hintergrund, beispielsweise der Steuerdaten, werden kriminelle Aktivitäten frühzeitig erkannt und aufgedeckt. Die geplanten Investitionen müssen daher umfassend sein und alle Bereiche des Zolls berücksichtigen, um eine ganzheitliche Modernisierung zu gewährleisten.
Investitionsstau beseitigen - Sicherheitsmilliarde erforderlich
Für die effektive Kriminalitätsbekämpfung fordert der BDZ die vollständige Einbindung des Zolls in den polizeilichen Informationsverbund und die Bereitstellung einer „Sicherheitsmilliarde“ für Ausrüstung und digitale Ermittlungen. Dazu gehören unter anderem die Anschaffung von Drohnen zur Überwachung von Hafengebieten, die Aufrüstung der digitalen Forensik zur Auswertung großer Datenbestände und die Bereitstellung mobiler Großröntgenanlagen. Diese Maßnahmen sind notwendig, um den technologischen Vorsprung krimineller Netzwerke zu bremsen und die Sicherheit effektiv zu gewährleisten. Deshalb muss auch Geld in die veraltete IT des Zolls gesteckt werden. Diese muss zu einer integrierten Infrastruktur für alle Zoll-Standorte weiterentwickelt werden, die in hochperformanten Netzen läuft und die nötigen Datenbestände für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz beinhaltet.
Die geplanten Reformen sind ein Schritt in die richtige Richtung, doch der BDZ warnt vor Verzögerungen. „Die organisierte Kriminalität wartet nicht“, so BDZ-Chef Liebel. „Wer jetzt zögert, gefährdet die Sicherheit unserer Kolleginnen und Kollegen, unser Wirtschaftssystem und den Rechtssaat. Die Regierenden dürfen nicht wieder vier Jahre im Kampf gegen Geldwäsche verlieren. Jetzt muss es darum gehen, die Maßnahmen zügig umzusetzen – ohne sich erneut in Strukturdebatten oder Behördenreformen zu verzetteln. Der Zoll braucht keine neuen Labels, sondern handlungsfähige Einheiten, durchgreifende Befugnisse und moderne Technik.“
Staatsmodernisierung: Kommen flexiblere Laufbahnen?
Ein zentraler Punkt der AG 9 „Bürokratierückbau, Staatsmodernisierung, Moderne Justiz“ (AG) ist die Reform des öffentlichen Dienstrechts, die auch die langstehenden Forderungen des BDZ nach flexibleren Karrierewegen für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte aufgreift. Geplant sind u.a.:
- Öffnung der Laufbahnen: Starre Einstiegsvoraussetzungen sollen gelockert werden, um Verwaltungslaufbahnen für andere Fachrichtungen zu öffnen. Der Laufbahnwechsel soll vereinfacht werden.
- Mehr Durchlässigkeit: Die Durchlässigkeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft soll verbessert werden. Leistungs- und Erfahrungswerte sollen stärker berücksichtigt werden. Zudem sollen Rotationen des Personals zwischen Bund, Ländern, Kommunen und der EU sowie Hospitationen in der Privatwirtschaft gefördert werden.
- Verwaltungsreform: Die Arbeit der Bundesverwaltung soll durch eine „gesteuerte Aufgaben- und Ausgabenkritik“ effizienter organisiert werden. Die Bundesressorts sollen sich mehr auf ihre eigentlichen ministeriellen Aufgaben konzentrieren, besser zusammenarbeiten und raus aus dem „Silodenken“ kommen.
„Die Durchlässigkeit der Laufbahnen wäre ein entscheidender Schritt. Die Verwaltung fit für die Zukunft zu machen – das war längst überfällig“, kommentiert BDZ-Vorsitzender Thomas Liebel. „Das würde uns helfen, Fachkräfte zu halten und den Zoll schlagkräftiger aufzustellen.“ Jedoch kommt es am Ende auf die Ausgestaltung der Regelungen im Detail an, betont Liebel, damit auch die Mehrheit der Beschäftigten beim Zoll und bei der Bundesfinanzverwaltung davon profitieren kann.
Fazit: Zeit für konkrete Maßnahmen
Sobald der finale Koalitionsvertrag vorliegt, wird sich zeigen, ob die angekündigte „Sicherheitsoffensive“ oder Versprechen zum Bürokratieabbau im öffentlichen Dienst tatsächlich greifen – oder ob sie in der Umsetzung an Detailstreits scheitert. Der BDZ jedenfalls drängt auf Tempo: „Die Bedrohung durch organisierte Banden und Cyberangriffe duldet keinen Aufschub – mit Bürokratie und Selbstbeschäftigung muss Schluss sein. Die aktuelle Sicherheitslage erfordert einen schlagkräftigen Zoll“, so Liebel.
Ursprünglich veröffentlicht unter https://www.bdz.eu
Das Kommentieren und Lesen von Kommentaren ist nur für bestätigte Mitglieder möglich.